Beim Sprechen werden mithilfe eines raffinierten Sprachorgans Töne erzeugt und geformt, es geht um das Artikulieren einer Bandbreite von wiedererkennbaren Geräuschen – für Töne: Vokale, und für Rhythmen: Konsonanten – um im zeitlichen Verlauf Unterschiede und Kontraste hörbar zu machen. Zum Phrasieren – also Gliedern und Ordnen im zeitlichen Verlauf – werden kleine Tonhöhen- und Lautstärkeänderungen genutzt.
Bei natürlichen Musikinstrumenten sind diese einzelnen Bestandteile anders gewichtet; die Tonerzeugung ist weniger aufwendig, nicht organisch. Tonformung, Rhythmik und Tonhöhe spielen wesentlich vom Instrument abhängig eine viel grössere Rolle.
Das Eigentümliche nun am Klavier ist, dass man sowohl perkussive als auch melodische und durch des Instrumenten Mehrstimmigkeit sogar harmonische Mittel einsetzen kann, und dies in einem umfassenden Tonbereich von weit unter Bass bis weit über Diskant. Beinahe alles bisher Gehörte (abgesehen von der Klangfarbe) ist zumindest annähernd aufzufinden und auch wenigstens einigermassen authentisch zu reproduzieren.
Bei der Klaviermusik spielt alles bisher Gehörte – Geliebtes und Ungeliebtes, der persönliche Geschmack – die situative Energie, Dynamik und kreative Kraft besonders stark ins musikalisch Erfassbare hinein. So kommt es zu riesigen Klangunterschieden zwischen der Musik unterschiedlicher Klavierspieler seitdem es dieses Instrument gibt, also schon 300 Jahre.
Am offensichtlichsten wird dies in der Disziplin des Soloklavierspiels. Und genau da liegt auch der besondere Reiz.
Cheek to cheek, I. Berlin, 2016
Dies ist eine Arbeit mit einem Rhodes, Februar 2023.