Stefan Schöler, p
Lukas Keller, b
Simon Bräumer, dr
2024, Double Moon Records, DMCHR71448
aufgenommen und gemixt im Loft, Köln, im Januar 2024: Christian Heck, Mastering: Christoph Stickel, Design und Layout: Natasja Wallenburg, Fotografie: Timo Katz, Torsten Barthel, Uwe Fröhlich, Liner Notes: David Friedman
Folklore?
Nichts liegt Stefan Schöler ferner, als sich populärer Melodien der Volksmusik anzunehmen. Oder sich in anderer Form an folkloristische Traditionen dranzuhängen. Um Missverständnissen zum Albumtitel vorzubeugen, liefert der Pianist und Komponist in den Liner Notes eine Erläuterung. Der Begriff, dem hierzulande oft mit Skepsis begegnet wird, birgt für ihn eine Idee – eine Vision. Jenseits aller Konventionen, Klischees und Vorurteile könnte fast jede Musik, die Menschen verschiedener Generationen und sozialer Herkunft zusammenbringt, Folklore sein. Warum nicht auch diese.
Stefan Schöler ist kein weltfremder Träumer. Er ist ein kluger, eigensinniger Kopf, dessen musikalische Intuition begleitet wird von ungebundenem Denken und einem spirituell getönten Streben. „Ich bin auf der Suche nach Schönem in der Musik“, erklärt er ohne Scheu. „Es ist leicht, das zu finden.“ Damit meint er nicht das gängige Verständnis von „Schönheit“, sondern einen besonderen Ausdruck und Gehalt. Und: persönliche Erfüllung. „Die Grundhaltung meiner Musik ist eigentlich fröhlich, optimistisch, hoffnungsvoll, tröstend“. Dass manche Stücke, manche Passagen womöglich andere Assoziationen wecken, andere Emotionen und Eindrücke auslösen, stellt das nicht infrage. Seine Musik bietet unendliche Möglichkeiten, Eigenes damit zu verbinden.
Fragen werfen gleich mehrere Stück-Titel auf. „(Sexy)Bikini(Atoll)“ bezieht sich auf die krude Verbindung zwischen den Kernwaffentests in der Region des pazifischen Bikini-Atolls in den 1950er Jahren und die parallele Vermarktung des zweiteiligen Badeanzugs. „An einen Schuldigen“ führt in philosophische Sphären: Schuld als Bürde, Schuld als Geschenk, Schuld als Motiv religiöser Praxis. „Psalm A“ ist ein weiteres Kapitel einer Reihe, in der sich Schöler auf Bibel-Psalmen bezieht. Der Unterschied: inzwischen sieht er davon ab, konkrete Stellen zu benennen. Wichtig ist ihm, dem eigenen spirituellen Hintergrund Raum zu geben. „Wo weniger Leute leben“ wurde inspiriert von einer Reise in dünner besiedelte Landstriche Schwedens, wo hübsche Weiler mit der Landschaft zu verschmelzen scheinen.
Von jeher schätzt der Pianist, der über die Jahre auch solo und als Teil eines Duos (Klavier/Stimme) aufgetreten ist, die Beschäftigung mit Standards. „Diese Jazz-Orthodoxie hat für mich einen großen Reiz. Ich bin da auf der Suche nach was Freiem“. Zu „My Foolish Heart“ kam er über Versionen von Bill Evans und Keith Jarrett, letzterer eine zentrale Inspiration. „All Of You“ war der erste Standard überhaupt, den Schöler kennenlernte.
Musik ist für den Mann aus Kleve ein von zahlreichen Eindrücken, Gedanken und Emotionen geprägter Weg, zu sich selbst zu finden, „zu einer Ruhe in sich selbst“. Kompositionen bilden Ausgangspunkte für die gemeinschaftliche Improvisation. „Triomusik ist wie ein Gespräch im kleinen Kreis“. Die außerordentlichen Qualitäten des aktuellen Trios mit seiner hochentwickelten Gesprächskultur würdigt auch Vibraphonisten-Altmeister David Friedman, mit dem die Gruppe vor einiger Zeit in Tübingen auftrat. Er steuerte Zeilen höchster Anerkennung zum Album bei.
Die Auswahl des Album-Covers ist – wie alles an dieser exzellenten Produktion – typisch Stefan Schöler. Das Foto von Timo Katz, einem visuellen Künstler, zeigt die wohlgeordnete Biederkeit einer Wohnsiedlung. „Typisch deutsch“, lächelt Schöler. Für ihn liegt zugleich etwas Geheimnisvolles in der Aufnahme. Hoch über den Dächern: ein Vogel im freien Flug, unbehelligt von dem, was er unter sich lässt.
Arne Schumacher, Bremen im Juli ´24
Preis: 20,00 € die Platte kann über die Webseite bestellt werden
Wiedersehen
Stefan Schöler, p
Lukas Keller, b
Finn Wiest, dr
2021, Unit Records, UTR 5015
aufgenommen 28 Februar 2021: Marco van Heys, Mix: Florian Oestreicher, Mastering: Christoph Stickel, Design: Timo Katz, Layout: Rebecca Butzlaff, Fotografie: Torsten Barthel, Liner Notes: Michiel Braam
Über Bindung und Trennung, Aufbau und Abbruch, Gewinn und Verlust, Erfindung und Natur
„Vielleicht ist Griff auf die Zeit haben, das Ausschöpfen und Wertschätzen eines Momentes ja die Essenz des Improvisierens“, vermutet Stefan Schöler.
Der Pianist schöpft für seine Musik aus einem erstaunlichen Schatz an Spielarten und vermag zum Ausweiten der musikalischen Spannungsfelder eine unerhörte Vielfalt von Klängen mit ihren „Familien“ heranzuziehen. Es kommt zu wunderlichen und überraschenden Feierlichkeiten.
Am Kontrabass sorgt Lukas Keller mit impulsiver und fester Unterstimme für ein kontrapunktisches Gegengewicht zum Klaviergeschehen, Ambivalenzen werden geschmackvoll unterstützt und versorgt. Schlagzeug spielt der junge Finn Wiest welcher durch ein verständnisvoll-musikalisches, reibungsloses Spiel Garant steht für Ruhe und Bodenständigkeit im Gesamtklang des Trios.
so tender, trio 2021
Jazzmusik für eine Hörerschaft auf der Suche nach zeitgenössischer musikalischer Wahrheit.
Preis: 20,00 € die Platte kann über die Webseite bestellt werden
Introducing Stefan Schöler
Stefan Schöler, p
Jan Flubacher, b
Joop van Erven, dr
2006, egpro records
Das Trio spielt Schölers Kompositionen. Hierunter gibt es sowohl Bebop-hafte Kleinformen und Blues als auch lyrische Klangbilder und Balladen. Kompositionen dienen als Rampe für allmögliche musikalische Spiele, nie als Gesamtkonzept. Die Musik gehört in die mehr-improvisiert-als-komponiert Abteilung, eine Musik die am Weg entsteht…
Die Platte wird seit 2014 durch den Plattenvertrieb diskunion.net, Tokyo verkauft.
Sie kann natürlich auch über diese Webseite angefordert werden; Preis 17,50 €
I promise you something, S.Schöler
Jazzfestival Duurstede, 2007